Einblicke ins Buch „Wohin mit Europa?“ an der Max-Eyth-Schule.
Digitale Lesung regt Schülerinnen und Schüler zum Nachdenken über Europa und den eigenen Lebensweg an.
Die Frage, welchen Weg man nach dem Schulabschluss wählen kann, stellten sich die Schülerinnen und Schüler der Q12 des Beruflichen Gymnasiums der Max-Eyth-Schule in Kassel und warfen einen Blick ins Buch „Wohin mit Europa? Junge Europäer auf der Suche nach gemeinsamen Zielen“. Im Rahmen der BSO-Tage, die den Schülerinnen und Schülern eine Berufs- und Studienorientierung bieten, stellte der Kassler Daniel Eichenberg, Herausgeber und Autor des Buches, die Möglichkeiten vor, fernab von zuhause seinen eigenen Weg zu finden. „Es war noch nie so leicht wie heute einen Sozial- oder Au-pair-Dienst, das Studium oder Praktika in anderen Ländern zu absolvieren“ machte Eichenberg Mut, auch die Option ins Auge zu fassen, Erfahrungen in einer anderen europäischen Region zu sammeln.
Eichenberg selbst hat zwei Jahre in Rom gelebt, studierte dort und leistete seinen Zivildienst ab. In seinem Buch diskutieren neun junge Menschen aus sieben verschiedenen Ländern über die Zukunft Europas. Es werden Fragen zur kulturellen Orientierung der Menschen und zur Bedeutung der Nationalstaaten gestellt. Gespickt von vielen persönlichen Einblicken ins Leben der multikulturellen Jungautoren, ließen sich die Schülerinnen und Schüler von den verschiedenen Lebenswegen der Mitwirkenden inspirieren.
Gleich zwei von Eichenbergs Mitautoren erläuterten, warum ihre persönlichen Lebenswege nur schwerlich mit einem nationalstaatlichen Denken vereinbar seien. Roman Winnicki, der Spross einer italienisch-polnischen Ehe ist, bemerkte schlichtweg, dass er qua Geburt, aufgewachsen in Düsseldorf und dreisprachig erzogen, ein Produkt des länderübergreifenden Lebens in Europa sei. „Für mich hat der Nationalstaat keinen großen Einfluss auf die Lebenseinstellung der Menschen“ sagte Winnicki und zitierte eine aktuelle Studie, die herausfand, dass sich Menschen in Europa mehr an sozio-ökonomischen Faktoren, wie Berufsbildern und Bildungsgraden, aber auch an Hobbies oder Leidenschaften orientieren. „Den polnischen Anwalt verbindet mehr mit dem französischen Arzt als mit dem polnischen Erntehelfer“ las Winnicki. Ein Nationalstaat wirkt da als Orientierungsfaktor fast schon obsolet.
Dem stimmte der zweite Mitautor, Markus Auditor, zu. Auditor, der lange Jahre in Brasilien lebte, und dort seine Jugendliebe heiratete, empfindet eine Fahrt zu seinen Freunden nach Frankreich nicht als Auslandsreise. „Die kulturellen Einflüsse sind in Europa immer länderübergreifend, das begann schon im römischen Reich. Es kommt hinzu, dass sich viele junge Menschen weltweit durch die sozialen Medien vernetzen. Wie will man da von einer anderen europäischen Region als Ausland sprechen?“ „Natürlich gelte diese Einschätzung nicht für alle Menschen“ betonte Eichenberg mit einem Hinweis auf hohe prozentuale Anteile von nationalistischen Parteien, „manche Menschen haben immer noch Angst, die eigene kulturelle Bedeutung und somit die eigene Identität, durch multikulturelle Strömungen zu verlieren,“ verwies aber darauf, „dass es nicht darum gehe, seine eigene kulturelle Orientierung zu verlieren, sondern viel mehr durch neue Elemente zu erweitern“.
Es ist daher von größter Bedeutung, dass die Menschen merken, dass sie nicht von der Politik alleingelassen werden. Mit Blick auf die kürzlich stattgefundene Landtagswahl in Sachsen-Anhalt und das starke Ergebnis der AFD sei das aber für viele Menschen noch keine Realität, diskutierten die Schülerinnen und Schüler. Stattdessen gäbe es eine Vielzahl an Gründen, warum sich Menschen abgehangen fühlten. Daher müssen wir uns mit europäischen Zielen beschäftigen, argumentierte Eichenberg und führte aus, dass sich die Zielsetzung des Buches nicht am typischen politischen Kleinklein orientiere, sondern an den Bedürfnissen der Menschen. So wird im Buch ein neues und länderübergreifendes europäisches Innenleben entwickelt, das die Leben der Menschen tatsächlich berührt und miteinander verbindet, verspricht Eichenberg und hatte noch eine Überraschung in petto. Dank eines Sponsorings der Sparkasse Kassel und der Firma Hübner bekamen alle Schülerinnen und Schüler eine Ausgabe des Buches geschenkt.
„Ich denke, dass die Veranstaltung ein toller Impuls für die Schülerinnen und Schüler war, die Option, den nächsten Schritt in einem anderen Land zu wagen, überhaupt auf dem Zettel zu haben“ freut sich Martin Köhler, einer der Lehrkräfte der Q12, der die Veranstaltung initiierte und federführend organisierte. „Fernweh habe ich auf jeden Fall bekommen“, lachte Köhler.
Infokasten:
„Wohin mit Europa?“ Junge Europäer auf der Suche nach gemeinsamen Zielen“
ISBN: 978-3-9820526-0-1
Preis: 16,50 €
Bestellbar in jeder Buchhandlung oder online unter: www.wohin-mit-europa.de